Mut zum Unperfekten – gar nicht so einfach, oder doch?

Was hat Mut mit Perfektion zu tun? Ich danke Dir liebe Gabi Golling, dass ich an Deinem Projekt Blogparade teilnehmen darf und dafür, dass Du mich nachdenken lassen hast, was Dein „Arsch hoch“ – Appell mit mir zu tun hat.

Bildrechte Simone Gerwers
Bildrechte Simone Gerwers

Es gab Zeiten, da empfand ich Streben nach Perfektion tatsächlich als Tugend erfolgreicher Menschen. Ich wusste, dass Perfektion unerreichbar ist und dennoch beherrschten mich diese Handlungsmuster förmlich. Viele Jahre war ich damit sogar erfolgreich! Im Nachhinein betrachtet war es allerdings einfach nur anstrengend.

Kennen Sie so etwas auch? 1X drüber schauen, nachbessern und noch einmal. … Die Abgabe herauszögern … Verbessern kann man sich doch immer, oder?
Stopp Selbstboykott: Diese Strategie ist nämlich keine Erfolgsstrategie, sondern eine echte Erfolgsbremse!

Komisch fand ich damals übrigens, dass die Arbeit irgendwie nie ein Ende nehmen wollte und meine Arbeitszeiten den Tag dominierten. Kein Wunder! Anderseits bekam ich permanent das Feedback, dass auf meine ausgezeichneten Arbeitsergebnisse Verlass sei und mein Engagement lobenswert. Für mich war das Bestätigung genug. Doch raten Sie mal, bei wem spezielle Zusatzaufgaben landeten? Richtig, meistens bei mir. Als mein persönlicher Leidensdruck hoch genug war, habe ich ihn dann gefunden, den Mutsatz, den ich mir auch heute ab und an noch sage. Nämlich dann, wenn ich merke, dass ich rückfällig werde.

Mein Merksatz: So gut wie nötig, doch nicht so gut wie möglich! Hinterfragen Sie sich mal, wenn Sie vom „Perfektionswahn“ erfasst werden. Oder wollen Sie, dass ihre Ideen, Ideen von gestern sind? Wollen Sie, dass alle anderen an Ihnen vorbei düsen. Vielleicht mögen Sie diesen Satz ja ab heute auch zu Ihrem machen?

Bevor diese Erkenntnis bei mir angekommen ist und ich dazu auch noch bereit war neue Handlungsmuster auszuprobieren, musste leider einiges passieren. Genau genommen habe ich ein Stück Gesundheit geopfert und erst dann meinen „Arsch hochgekriegt“.  Meine „Geht nicht, gibt es nicht“ – Mentalität und das „Perfektionsgehabe“ waren mir in Fleisch und Blut übergangen. So bin ich halt, dachte ich und hatte mir damit die Erlaubnis gegeben alles so zu lassen. Irrglaube! So bin ich, impliziert etwas in Stein gemeißeltes, dass ich akzeptieren muss. Ich hatte meine nicht so vorteilhafte Strategie in die Identiätsebene verlagert. Eine Veränderung erschien ausgeschlossen. So bin ich halt. Eben nicht! Letztlich war es doch mein Verhalten und das ist veränderbar, wenn man nur will. Nach einer Leidenszeit mit quälenden Rückenschmerzen und einer Bandscheibenopertion der Halswirbelsäule stand für mich fest: So geht es nicht weiter. Der erste Schritt war getan. Mir war klar geworden meine Motivation gekoppelt mit Perfektionsstreben führen nicht zum Erfolg, nein sie machen aus Menschen Workoholics. Bitte nicht falsch verstehen, Leidenschaft, Engagement, Begeisterung etwas bewegen zu wollen und Willenskraft sind in jedem Fall erforderliche Eigenschaften, um erfolgreich zu sein. Worum es geht, ist das Maß zu finden, Balance herzustellen. In `s uferlose Leistung abzurufen, Qualität an Möglichkeiten auszurichten, Fremdbestimmung zu unterliegen und Machbarkeitswahn sind ein Fass ohne Boden. Es gibt kein Ende. Fakt ist, fertig gibt es nicht. Alles ist Entwicklung. Wir brauchen deshalb einen achtsamen Blick auf das erforderliche Ergebnis, welches wir erreichen wollen und auf unsere Energie, auf uns und unser Tun.

Perfektion ist eine Erfolgsfalle, aus der man sich befreien kann! …. und ich kann sagen, es lohnt sich. Sie fragen sich vielleicht gut und wie komme ich nun aus so einem starren Muster wieder heraus?

1. Der ehrliche Blick in den Spiegel!

Ich persönlich habe mich gefragt, wenn Perfektion so viel Leidensdruck für mich bedeutet, was lässt mich dennoch so handeln und in „schädigenden“ Mustern verharren?

Was ist meine eigentliche positive Absicht? Wozu dient sie mir? Was stellt sie für mich / was stelle ich für mich damit sicher?

Nehmen sie sich gern ein paar Minuten Zeit für diese Fragestellungen und bringen Sie Ihre Antworten zu Papier.

Perfektion ist eine Abwehrstrategie, aber auch ein Schutzschild. Sie dient den meisten Menschen als Sicherheit. Wir sichern uns ab, weil wir uns nicht verletzlich zeigen mögen. Gesellschaftlich werden uns Erfolg, Leistung und Glück als das „Normal“gespiegelt. Fehler, Verirrungen, ein Scheitern sind erklärte Tabuzone. Und überhaupt, wer dazugehören will (Menschen suchen Zugehörigkeit, weil sie Beziehungswesen sind.), der tappt ganz schnell in die Falle und legt sich den Druck auf fehlerfrei zu sein, nahezu perfekt. Was wir vergessen: Erfolg geht anders. Wir erlangen ihn nicht, indem wir ausgefeilte Sicherheitsstrategien verfolgen und alles „save“ machen. Erfolg braucht es loszulassen, Kreativität, Innovation, Verirrungen, Bereitschaft neue Wege zu gehen. Erfolgreich sein heißt mutig die Sicherheitszone zu verlassen.

2. Die Kultivierung von Mut

Als Abwehrstrategie ist Perfektion eine fehlgeleitete Strategie gegen die Angst, die Angst vor dem Versagen, vor dem Scheitern, vor Fehlern. Dahinter liegt die Angst vor unserer Begrenztheit und vor Endlichkeit. Es ist damit die Angst, sich so zu zeigen wie wir sind. Verletzlich. Niemand ist perfekt und immer erfolgreich. Die Auf und Ab`s gehören zum Leben. Genau so sieht Normalität aus. Angst kann uns aber auch mit unserer Kraft und mit Maß in Berührung bringen. Doch, wie kann man diesen Widerspruch, in einer „Erfolgs-getriebenen“ Gesellschaft lösen? Gesellschaft und Unternehmen feiern Leistung und Erfolg und negieren noch immer, das Erfolg und Scheitern Teil derselben Medaille sind. Eine Strategie zum Erfolg braucht Mut. Es braucht immer Mut, um ein Wagnis einzugehen und sich in all seinen Facetten zu zeigen. Ich habe gelernt: Mutig sein heißt nicht, keine Angst zu haben. Mut heißt handeln trotz der Angst. So wird sie zu einer Lebenskraft.

a) Wahrnehmung: Versuchen Sie Ihre Angst zu verstehen und sich ihr zu stellen. Formulieren Sie deshalb Ihre Angst zunächst konkret, wenn sie Sie das nächste Mal zur Perfektion (oder auch einer anderen Abwehrstrategie wie Aufschieberitis/ Prokrastination) drängen will. Was genau, macht Ihnen Angst? Worin liegt die Bedrohung? … und wozu will sie Sie befähigen? Schulen sie Ihre Wahrnehmung. Dazu gehören u.a. das setzen von realistischen Erwartungen, den Vergleich mit Anderen zu unterlassen, sich in Feedback und Kritik zu schulen, zwanghaftes „überanalysieren“ loszulassen, Risikokompetenz zu trainieren, Selbstvertrauen zu stärken.

b) Akzeptanz: Erlauben Sie sich Fehler zu machen. Und, erlauben Sie sich Angst vor … zu haben. Versuchen Sie es mit dem Gedanken: Meine Angst … darf sein. Dabei geht es darum sie weder auf – noch abzuwerten, sondern einfach nur um Akzeptanz. Angst vor einem möglichen Versagen zeigt einfach nur, dass ich keinen Garant habe alles richtig zu machen. Vielleicht steht ja ein hinderlicher Glaubenssatz dahinter, wie: Einen Fehler machen bedeutet ich bin nichts wert. Wie sehen Ihre Glaubenssätze in Bezug auf Fehler, Versagen und ein mögliches Scheitern aus? Hinterfragen Sie sich.

3. Die Entwicklung einer persönlichen neuen Handlungsstrategie / Mut – Übung für Eigenverantwortung

Eine neue Handlungsstrategie als neue Gewohnheit zu kultivieren braucht Achtsamkeit in Bezug auf aufkommende Gedanken und die Reflexion Ihres Handelns. Haben Sie sich schon ein mal gefragt, welcher Glaubenssatz Ihre neue Strategie hilfreich unterstützen kann?

a) Suchen Sie sich einen förderlichen Glaubenssatz (Grundannahme). Zum Beispiel, siehe oben: „Auch wenn ich Fehler mache bin ich wertvoll.“ Wir sind viel mehr als unsere Verirrungen, Verfehlungen, mehr als unser Verhalten in einer bestimmten Situation. Das Umlernen von Grundannahmen braucht dennoch Übung. b) Schreiben Sie sich Ihre neue Grundannahme auf und ersetzen Sie damit mögliche boykottierende Gedanken. Lernen Sie so falsche Ansprüche loszulassen und sich mutig zu zeigen. Reflektieren Sie dazu Ihr Verhalten in den nächsten Wochen immer wieder ganz bewusst und mit viel Geduld! Sie werden sehen, mit jeder positiven Erfahrung wird Ihnen die Veränderung besser gelingen und Sie werden noch mutiger werden, wenn Sie der Perfektion ein Schnäppchen schlagen.

Hier noch ein Reminder: Haben Sie sich meinen Mutsatz gemerkt? „So gut wie nötig, doch nicht so gut wie möglich!“

Ich wünsche Ihnen Mut, den Mut unperfekt zu sein! … und Mut, um es noch einmal mit Gabi Golling zu sagen, den Arsch hoch zu kriegen. 😉 

Mehr zum Thema Mut und zu Change mit Lust finden Sie unter: www.coaching4change.eu oder www.coaching4change.eu/podcast, wenn Sie lieber hören statt lesen. Mit diskutieren können Sie auf www.coaching4change/blog Und wenn Sie Lust auf noch mehr Mut haben und die Initiative Mutausbrüche  mit Ihren Erfahrungen, Ihrer persönlichen Geschichte, unterstützen mögen, dann melden Sie sich gern bei mir gerwers@coaching4change.eu 

Besonders dankbar bin ich weiterhin für Ihre persönlichen Empfehlungen von mutigen Menschen, Projekten, die unbedingt Teil der Mutausbrüche sein sollten und wenn Sie mir noch 5 min. Ihrer Zeit schenken, für eine kleine Umfrage: Umfrage Mut

Nur Mut –

Ihre Simone Gerwers

Executive Coaching & Sparring für Management und Führung

 

 

Veröffentlicht von Simone Gerwers

Simone Gerwers ist Sparringspartnerin für Führung & Management im Wandel und Inhaberin der coaching4change Akademie. Die Diplomwirtschaftswissenschaftlerin wirbt für mehr Mut in Wirtschaft und Gesellschaft und im Leben. Sie stiftet an Erfolg neu zu denken. Consultant & Speaker - Blogger - Podcaster Initiatorin der Mutausbrüche

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